Vorträge

„Der Reisbau und seine Rituale“

ein Dia-Vortrag von Dr. Ulrich Pauly

im Haus der Geschichte um 19:00

Der Reis wurde in Japan erstmals vor 4.000 Jahren als Trockenreis angebaut. Nachdem dann zwischen 300 v. und 300 n.Chr. im Gepäck chinesischstämmiger- und koreanischer Einwanderer von der koreanischen Halbinsel höhere Ernteerträge ermöglichende Nasssreisbautechniken nach Japan gelangt waren, breiteten sich die Nassfelder allmählich im ganzen Land aus, bis sie 1865 sogar das relativ kühle Hokkaidō erreichten. Als Speise des Kaisers, des Adels, der Reichen und als wichtigste Feldsteuer wurde der Reis schon früh zu einem Symbol weltlicher Macht. Reis war wie Geld oder Silber. Mit ihm konnte man alles kaufen. Die Masse des Volkes ernährte sich bis ins 19.Jh. überwiegend von anderen Körner- und Hülsenfrüchten. Der Reis, dem eine Reisseele innewohnt und in dem die Kraft der Reisgottheit wirkt, gilt aber auch als Symbol für Fruchtbarkeit und wurde, da der Geist der Götter, des Tennō und der Ahnen in ihm wirksam sein soll, unter den Tokugawa sogar zum Symbol der Einheit des japanischen Volkes hochstilisiert.

In diesem Dia-Vortrag wird Herr Pauly, der zwischen 1971und 1978 selbst oft in Reisfeldern mitgearbeitet hat, aber nicht auf ideologische Fragen eingehen. Statt dessen stellt er die traditionellen Techniken des Reisbaus von der Vorbereitung des Feldes über die Aussaat und das Umpflanzen der Reissetzlinge bis zur Ernte vor und befasst sich auch mit den vielen den Reisbau begleitenden religiös-magischen Ritualen, von denen einige aber schon kurz vor dem Aussterben stehen. Grund dafür ist u.a. die rasch fortschreitende Mechanisierung des Reisbaus und die Tatsache, dass viele Landwirte nur noch Teilzeitbauern sind. Selbst auf sehr kleinen Feldern kommen längst Motorpflüge, Setzmaschinen und Erntemaschinen zum Einsatz, von denen die wichtigsten in Wort und Bild beschrieben werden. Ohne Einsatz von Maschinen ist der Reisbau in Japan heute längst nicht mehr wirtschaftlich zu vertreten. Auch die den Reisbau seit alters umgebende religiöse Aura ist schon weitgehend dem Abgasdunst der fleißigen Reisbaumaschinen gewichen. Einige der Rituale haben nur überlebt, indem sie sich zur darstellenden Kunst gewandelt haben.

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