Vorträge

„Johannes Justus Rein (1835–1918) – vom Volksschullehrer zum Stammvater der Japanwissenschaft“

eion Vortrag von Karl-Heinz Meid, Präsident der DJG Köln e.V.

Haus der Geschichte | Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn


Im Jahr 1872 schrieb der Ministerresident des Deutschen Reiches in Japan, Max von Brandt, an das Handelsministerium in Berlin, in dem er die Entsendung von qualifizierten Experten nach Japan nahe legte, um japanische Techniken in Industrie und Handwerk auch für die deutsche Industrie nutzbar zu machen. Auf einer Reise durch das Land hatte er einen sehr positiven Eindruck gewonnen: „Was viele dieser Erzeugnisse anbetrifft, so steht die japanische Industrie unbedingt über der unseres Vaterlandes“ heißt es in einem Bericht nach Berlin.

Die Frankfurter Handelskammer empfahl Dr. Johannes Justus Rein, der an der Musterschule, einem renommierten Realgymnasium, Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtete. In der Begründung hieß es: „Er verfüge über umfassende naturwissenschaftliche, gute Englischkenntnisse und große Erfahrungen auf Forschungsreisen. Neben seiner hervorragenden wissenschaftlichen Befähigung und einem durchaus redlichen Streben sei er von energischer Willenskraft beseelt.“

Vom Dezember 1873 bis September 1875 hielt sich Rein in Japan auf und bereiste, begleitet von japanischen Regierungsbeamten, Dolmetscher und Diener per Bahn, mit dem Schiff, auf dem Pferderücken, im Tragsessel und oft zu Fuß 35 von 47 Präfekturen.

Neben seiner Wohnung in der Deutschen Delegation richtete er ein Laboratorium ein, in dem er besonders intensive Untersuchungen über japanischen Lack anstellte.

Seine Berichte und die Sammlungen, die er nach Berlin sandte, fanden großes Lob im Handelsministerium. Sein Ankaufsetat für Beispiele japanischer Handwerks- und Industrieprodukte wurde daraufhin vervielfacht.

In Japan erfuhr er, dass seine Bewerbung auf eine Professur in Straßburg abgelehnt wurde. Berlin bot ihm nach seiner Rückkehr eine Geheimratstelle im Ministerium oder einen Lehrstuhl an den Universitäten Kiel oder Marburg an. Er entschied sich für Marburg. Sieben Jahre bis 1883 wirkte er dort als erster Ordinarius für Geographie.

Sechs Jahre nach seiner Rückkehr aus Japan veröffentlichte er den ersten Band über sein Forschungsobjekt unter dem Titel: „Japan nach Reisen und Studien im Auftrag der Königlich Preussischen Regierung. Bd. I. Natur und Volk des Mikadoreiches“. Es wurde 1884 ins Englische übersetzt. Weitere fünf Jahre dauerte es bis der zweite Band: „Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Handel“ erschien, der 1889 auch ins Englische übersetzt wurde. Beide Bände erschienen 1905 in einer zweiten, neubearbeiteten Auflage.

Der Erfolg seiner Publikation war so groß, dass Rein in einer Reihe mit Engelbert Kämpfer und Philipp Franz von Siebold genannt wird. Im Jahr 1883 wurde Rein als Nachfolger des ersten Bonner Ordinarius für Geographie, Ferdinand von Richthofen, an die Universität Bonn berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1910 wirkte. Rein starb 1918 und ist auf dem Kessenicher Bergfriedhof beerdigt.


Karl-Heinz Meid
Studium der Betriebswirtschaft und Sozialpolitik an der Universität zu Köln. Nach der Diplomprüfung 1967–68 Austauschstipendiat an der Sophia-Universität, Tokyo. Nach einer dreijährigen Tätigkeit als Direktionsassistent in einem mittelständischen Industriebetrieb, von 1973–1999 im Deutsch-Japanischen Wirtschaftsförderungsbüro in Düsseldorf seit 1978 als stellv. Geschäftsführer tätig. Häufige Japanbesuche als Tutor bzw. Fachberater von Fachstudien bzw. Politikerreisen. Seit 1970 ehrenamtlicher Geschäftsführer und seit 2006 auch Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Köln e.V.

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